Honorarnotarzt abhängig beschäftigt?

Honorarnotarzt abhängig beschäftigt?

Die Frage, ob ein sogenannter Honorarnotarzt abhängig beschäftigt oder selbständig ist, ist hoch umstritten. Das Bundessozialgericht wies im August 2016 eine Nichtzulassungsbeschwerde (Entscheidung vom 01.08.2016 – B 12 R 19/15 B) zurück, die in medizinischen Fachkreisen schon als das Ende des freiberuflichen Notarztes propagiert wurde.

Diese Befürchtung scheint übertrieben, gleichwohl ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Tätigkeit des Honorarnotarztes als selbständige Tätigkeit zu werten ist oder einer angestellten Tätigkeit entspricht. Die deutsche Rentenversicherung Bund nimmt in einer großen Zahl der Fälle eine abhängige Beschäftigung an. Dem Notarzt bzw. seinem Kunden bleibt in diesen Fällen nur der Weg vor die Sozialgerichte offen, wobei die Entscheidungen uneinheitlich ausfallen. Eine höchstrichterliche Klärung liegt bisher nicht vor.

Auch die oben zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts ändert hieran nichts, da sich das Gericht nur mit den Zulassungsgründen der Nichtzulassungsbeschwerde auseinandersetzen musste. Eine Entscheidung in der Sache selbst, also zum Status des Honorarnotarztes, hat das Bundesozialgericht gerade nicht getroffen.

Kriterien der selbständigen Tätigkeit

Maßgeblich für die Abgrenzung von selbständiger zu abhängiger Tätigkeit im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die persönliche Abhängigkeit des selbständigen/abhängig Beschäftigten (vgl. u.a. BSG, Entscheidung vom 17.12.2014 – B 12 r 13/13 R). Die Abhängigkeit setzt eine Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht de Arbeitgeber in Bezug auf Ort, Zeit, Dauer und Art der Arbeitsausführung voraus (vgl. u.a. BSG, Entscheidung vom 17.12.2014 – B 12 r 13/13 R).

Gegen die abhängige Beschäftigung spricht nach der Rechtsprechung, dass der Tätige ein unternehmerisches Risiko trägt und frei über die eigene Arbeitskraft, Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen kann.

Entgegen der Entscheidung des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern (L 7 R 60/12), die der hier besprochenen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 01.08.2016 zugrunde lag, ist die konkrete notärztliche Tätigkeit nicht per se als abhängige Beschäftigung einzustufen, nur weil sie an einem vorgegebenen Ort (Krankenhaus oder Rettungswache) und zu vorgegebenen Schichtzeiten stattfindet. Auch die zwingende Übernahme von Einsatzaufträge durch die zuständige Rettungsleitstelle spricht nicht gegen eine freie Tätigkeit.

Konkret ist das Verhältnis von Notarzt zu Auftraggeber (Leistungserbringer) zu bewerten. Dem Notarzt wird, wie im Übrigen auch bei anderen selbstständigen Tätigkeiten ein gewisser äußerer Rahmen seiner Tätigkeit vorgegeben. Allerdings entscheidet der Notarzt selbst, ob er einen Auftrag (Dienst) annimmt oder nicht. Der abhängig beschäftigte Arzt hat hier das Direktionsrecht seines Arbeitsgebers zu beachten und kann die Durchführung eines vom Arbeitgeber angeordneten Notarztdienste gerade nicht nach seinem eigenen Willen ablehnen. Der Honorarnotarzt muss – im Gegensatz zum abhängig beschäftigten Notarzt –  keine Sanktionen auf arbeitsrechtlicher Basis fürchten. Es fehlt also an der Weisungsgebundenheit.

Ferner bestimmt der Honorarnotarzt selbst, an welchen Standorten und für welchen rettungsdienstlichen Leistungserbringer er Dienste versieht.

Fazit

Alle Beteiligten, also Honorarnotarzt wie rettungsdienstlicher Leistungserbringer, sollten die Tätigkeit des Honorararztes sorgfältig gestalten, um den Status als selbständiger Notarzt nicht zu gefährden und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen zu tragen.

 

Ausblick

Das Bundesland Rheinland-Pfalz hat dem Bundesrat ein Entschließungsersuchen vorgelegt, wonach der Bundesrat die Bundesregierung ersuchen solle, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine sozialversicherungsfreie Tätigkeit für Honorarnotärzte ermögliche. Dies sei insbesondere im Hinblick auf die Notarztstandorte im ländlichen Raum notwendig, um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Die Entwicklung bleibt abzuwarten.

 

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